Südamerika Lebensgefühl – Die Latinos strahlen eine Lebensfreude aus, von der wir Deutschen uns eine Scheibe abschneiden können. So bleibst du bei Stress gelassen.

Geduldig hockte ich schon seit Stunden auf der Erde in einer dunklen Ecke des Flughafens Guarulhos in Sao Paulo, dem wohl schlechtesten Flughafen der Welt. Warum ich mir überhaupt Sorgen gemacht habe, diesen Flug zu verpassen, war mir ein Rätsel.

Ich befand mich auf der Durchreise nach Salvador da Bahia in Brasiliens schönem Norden und bin morgens in aller Herrgottsfrühe von Bogotá losgeflogen. Schon im Flieger aus der kolumbianischen Hauptstadt erklang eine entspannte Stimme aus den Lautsprechern, die darauf hinwies, dass ein Flieger auf dem Flughafen beim Landen über die Landebahn geschossen wäre und dementsprechend der Flughafen aus Sicherheitsgründen geschlossen worden wäre.

Wir kreisten also rund anderthalb Stunden über Sao Paulo und hofften, dass der Sprit nicht ausgehen würde. Oder in meinem Fall hoffte ich, dass ich meinen Anschlussflieger nach Salvador kriegen würde.

Die nette Stewardess wurde auch bei meiner dritten Nachfrage nicht müde, mir zu erklären, dass ich mir keine Sorgen machen sollte. Alles sei unter Kontrolle, und ich würde meinen Flieger kriegen. Todo bom! Bei solchen unvorhergesehenen Events fällt es mir schwer, positiv zu bleiben und nervös nibbelte ich an meinem Ausdruck der Airline herum. Wie sollte ich meinen Flieger schaffen, wenn der doch in zehn Minuten starten sollte, fragte ich mich mit leichter Verzweiflung.

Südamerika Lebensgefühl – Relaxe mal einfach

Südamerika Lebensgefühl (c) Anja Knorr
Todo Bom, entspann dich.

Die Südamerikaner um mich herum schien das gar nicht zu stören und gelangweilt blätterten sie in ihren Zeitschriften oder bohrten in der Nase. Ich versuchte es ihnen gleichzutun, war aber in Gedanken damit beschäftigt, mir sämtliche Szenarien der Welt auszumalen.

Wie durch ein Wunder stürzten wir nicht durch einen Benzinmangel ab, und der Flughafen wurde geöffnet und wir erhielten eine Landeerlaubnis. Aus mir unerfindlichen Gründen musste ich meinen Rucksack einsammeln und noch einmal neu einchecken, obwohl ich bereits mein Ticket für den Weiterflug in den Händen hielt. Und natürlich durfte ich das nicht an einem normalen Check-In tun, sondern an einem Extra-Abfertigungsschalter für weiterreisende Fluggäste.

Verwirrt rannte ich durch den riesigen Flughafen und versuchte nach Schildern Ausschau zu halten, die mir den Weg zeigten. Nada. Die junge Frau am Informationsschalter sprach kaum Englisch und schickte mich in eine Richtung, die sich jedoch als komplett entgegen gesetzt heraus stellte. Wer kümmert sich eigentlich um meine Fluggastrechte, wenn ich den Flug verpasse, fragte ich mich voller Resignation.

Schweißgebadet tauchte ich wieder am Info-Schalter auf, an dem mittlerweile ein gelangweilter Mann saß, der mich endlich auf die richtige Fährte setzte. Ein kleines Schildchen weiter und ich wuchtete meinen Rucksack auf das Gepäckband und rannte wie eine bekloppte durch die Sicherheitssperren. Als ich endlich mein Gate fand, verlangsamte sich mein Schritt und ich las, dass mein Flug nach Salvador Verspätung hatte.

What? Wozu beeile ich mich derart und erleide fast einen Herzinfarkt, nur um mich dann auf dem Fußboden einer kleinen und verschmutzten Halle wiederzufinden? Ich sollte wirklich anfangen, Johanniskraut zu schlucken und zu meditieren.

Südamerikanische Lebenslust

Südamerika Lebensgefühl-c-Anja-Knorr
Dort saß ich also, bis sich ein Grüppchen mit dem gleichen Ziel wie ich in RichtungFlugzeug begab. Ich schloss mich ihnen an und befand mich mit rund zweistündiger Verspätung im Flugzeug auf dem richtigen Weg. Kaum angekommen erschallte der Lautsprecher wieder einmal und murmelte etwas auf Portugiesisch.

Die Menge klatschte laut und plünderte anschließend die Bordküche. Es wurde gelacht, getanzt und geschäkert als wären sie in einem Nachtclub an der Copacabana.

Verwundert betrachtete ich die Szenerie. Südamerika Lebensgefühl at its best! Ich traute mich kaum, meinen freundlich lächelnden Sitznachbarn zu fragen, was eigentlich los sei. Der nette Herr neben mit dem schillernden Namen Einstein erklärte mir mit resigniertem Lächeln, dass unser Flugzeug noch nicht starten dürfte bis zwei fehlende Stewardessen auftauchen würden, die auf einem anderen Flughafen fest gesessen hatten.

Wowsi! Ich war baff. Fragte mich, ob die Brasilianer an Bord keine Familien hatten, die am Flughafen in Salvador auf sie warteten. Oder einfach nur müde und genervt ins Bett fallen wollten? Ich fragte Einstein, warum jeder gut gelaunt war, und seine Antwort war so einfach und so brillant, dass ich auf der Stelle meinen deutschen Pass abgeben wollte:

„Wozu sich aufregen? Das bringt doch sowieso nichts außer Falten. Würden wir uns jeden Tag über verspätete Flugzeuge oder Busse und verstopfte Straßen aufregen, würden wir aus dem Ärgern gar nicht mehr herauskommen. Das Leben ist zu kurz.“

Einfach mehr relaxen und das Leben genießen. Und weniger sich stressen und aufregen und sorgen.

So einfach und doch so wichtig. Davon sollte ich mir wirklich eine Scheibe abschneiden, da Sorge mein zweiter Vorname ist.

Die Brasilianer in meinem Flugzeug haben einfach eine große Party aus der Verspätung gemacht und trotz vierstündigem Verzug, kamen wir doch noch alle in Salvador an und alles war gut. Wozu also stressen an Dingen, die man sowieso nicht ändern oder beeinflussen kann?

Ich wünschte nur, dieses Südamerika Lebensgefühl der buddha-ähnlichen Gelassenheit würde bei mir länger anhalten als ein paar erleuchtete Momente.

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